
Selbstwert, Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen – all diese Begriffe gehören zum allgemeinen Sprachgebrauch, aber was bedeuten sie genau und vor allem, wie entsteht das gute Gefühl für sich selbst? Wie können wir als Eltern dazu beitragen, dass unsere Kinder stark werden für ihr Leben? Inwieweit hilft unseren Kindern ein gesundes Selbstgefühl dabei, in einer Welt voller Verlockungen klar zu kommen und ihren eigenen Weg zu gehen? Was unterscheidet Selbstgefühl von Selbstvertrauen und welchen Einfluss hat unser elterliches Verhalten darauf? Auf diese Fragen gab die Sozialpädagogin Eva Klugsberger in ihrem Vortrag beim Salzburger Bildungswerk Seekirchen am 18. März 2025 lebenspraktische Antworten. Gastgeberin war die Öffentliche Bibliothek Seekirchen.
Sich selbst zu spüren, sei wichtig in einer immer hektischer werdenden Welt. Kinder würden das am besten schaffen, wenn sie in ihren Gefühlen und Befindlichkeiten wahr- und ernstgenommen werden, so die Mitarbeiterin von „Rettet das Kind“. Mit dem dänischen Pädagogen Jesper Juul sprach sie von „Selbstgefühl“, ein Begriff, der genauer sei als „Selbstwertgefühl“, da es um das Wahrnehmen-Können der eigenen Gefühle gehe. Am praktischen Beispiel aus dem Erziehungsalltag: Wenn ein Kind keine Haube aufsetzen oder einen dicken Anorak anziehen möchte, obwohl es Winter ist, solle man das Kind fragen, ob ihm nicht kalt sei bzw. warum es sich nicht wärmer anziehen möchte. So werde es in seinem Sein ernstgenommen. Das Kind nur zu zwingen, bedeute, über dieses zu verfügen und löse Irritationen aus. Ironisch formuliert: „Immer wenn der Mama kalt ist, muss ich eine Haube aufsetzen.“ Ein anderes Beispiel: Wenn das Kind stolpert und hinfällt, hilft es diesem nichts, wenn man es mit dem Satz „Ist nichts passiert“ zu beruhigen versucht. Besser sei es, das Kind zu fragen, wie es ihm gehe, ob ihm etwas weh tue, ob man weitergehen könne.
Gefühle ernst nehmen und Grenzen setzen sind kein Widerspruch
Dieses Ernstnehmen der Gefühle der Kinder – übrigens auch jener der Erwachsenen untereinander – bedeute nicht, keine Grenzen zu setzen: „Durch Grenzenlosigkeit machen wir Kinder kein Geschenk.“ Es sei Aufgabe der Erwachsenen mit ihrer längeren Lebenserfahrung, Leitplanken aufzustellen und in Gefahrensituationen einzugreifen. Im übrigen müssten auch Kinder lernen, mit Frustrationen umzugehen, so Klugsberger. Wenn das Kind beim Einkaufen unbedingt Süßigkeiten haben möchte und zu quengeln anfängt, solle man nicht nachgeben, aber über das Gefühl sprechen, wie es sich anspürt, frustriert zu werden: „Frustrationen gehören zum Leben. Wir werden diese auch als Erwachsene immer wieder erleben.“ Ähnlich sei dies bei Situationen, in denen Wartezeiten entstehen: Wenn Kinder immer wieder fragen, wie lange es noch dauert, sei zu bedenken, dass sich erst ab dem 7. Lebensjahr so etwas wie ein Zeitgefühl entwickelt.
Lob und Kritik nur für Verhalten aussprechen, nicht an das Kind in ihrem Wesen adressieren
Man dürfe und solle Kinder loben bzw. auch kritisieren, nie jedoch in Bezug auf das Kind in seinem Wesen, sondern nur in Bezug auf konkretes Verhalten bzw. konkrete Leistungen, so Klugsberger weiter. Lob könne das Selbstvertrauen stärken, das Selbstgefühl solle jedoch unabhängig von Leistungen gestärkt werden. Das eine beziehe sich auf das „Tun „, das andere auf das „Sein“. Und Lob müsse authentisch sein, nicht übertrieben oder für Dinge gegeben werden, die selbstverständlich sind. „Wenn das Kind am Spielplatz den Rutschenturm erklommen hat und von oben winkt, winke zurück und zeige, dass du es wahrgenommen hast. Es erfordert aber kein Extra-Lob, außer man weiss, dass das Kind Höhenangst hat.“
Kritik brauche Ich-Botschaften und ebenfalls einen Bezug zum konkreten Verhalten. Fatal seien Aussprüche wie „Weil du das gemacht hast, mag dich die Mama oder der Papa nicht mehr.“ Wichtig sei die intrinsische Motivation zu fördern, das heißt, die Freude am Tun, so die Sozialpädagogin. Übertriebenes Loben führe dazu, dass Kinder nur mehr aufgrund ihrer Leistungen wahrgenommen werden und damit eine Abhängigkeit von diesem Lob entwickeln: „Solche Menschen laufen Gefahr, dass sie sich als Erwachsene nur mehr über ihre Leistungen definieren.“ Nur wenn ich gebraucht werde, sei ich wichtig. Ein guter Tipp der Pädagogin dazu: „Wenn Kinder immer um Lob und Anerkennung heischen, fragt zurück, wie sie selbst mit ihrer erbrachten Leistung zufrieden sind und wie sich das Gefühl von Freude oder Befriedigung anspürt.“
Balance zwischen Selbstgefühl und sozialer Integration finden
Als soziale Wesen seien wir auf Kontakte zu anderen angewiesen – die einen mehr, die anderen weniger, das könne sich von Mensch zu Mensch unterscheiden. Hier gehe es darum, eine Balance zu finden zwischen den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen sowie der Fähigkeit, Kompromisse einzugehen. Dies sei ein ständiger Balanceakt, der übrigens auch für Eltern, insbesondere Mütter, gelte: „Auch sie haben das Recht auf Zeit für sich selbst“.
Resümee: Das Aufwachsen mit Kindern ist schön und kann auch anstrengend sein. Wichtig ist, den Kindern immer wieder zu zeigen, dass man sie liebt – so eine zentrale Botschaft von Klugsberger. Ihr Vortrag machte deutlich, dass wir Kinder (und auch uns als Erwachsene) in den eigenen Gefühlen viel ernster nehmen sollen, als dies im oft hektischen Erziehungsalltag der Fall ist. Ein gutes Selbstgefühl hilft im späteren Erwachsenenleben, auch mit Krisen und Enttäuschungen besser umzugehen: „Zufriedene Menschen haben Frieden in sich“.
Bis auf einen Vater waren nur Mütter anwesend – die Väter waren wohl bei den Kleinen zu Hause! Diese wurden aber mit einem lebendigen und praxisnahen Vortrag belohnt. Man spürte, dass die Referentin authentisch hinter ihren Vorschlägen steht und dass sie viel Liebe zu Kindern hat. Bücher von Jesper Juul gibt es übrigens in der Bibliothek Seekirchen zum Ausleihen!


Bild rechts: Referentin Mag.a Eva Klugshofer in der Bildmitte mit Bibliotheksleiterin Daniela Lukits und Bildungswerkleiter Hans Holzinger.
In der nächsten Veranstaltung geht es um das Thema „Was ist Politik .. und was hat das mit mir zu tun?“ Es referiert Dr. Franz Fallend, Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg. 24. April 19 Uhr im Hofwirt. mehr