In einer Analyse der Programme der politischen Parteien der Stadt Salzburg zur Gemeinderatswahl am 10. März 2024 habe ich für Scientists for Future Salzburg erhoben, wie häufig im Kontext von Klima und Nachhaltigkeit relevante Schlüsselbegriffe vorkommen. Zudem werden die zentralen Argumentationsweisen und Schwerpunktsetzungen der Parteien auf der Basis eines Exzerptes von Vorschlägen aus den Parteiprogrammen zu den Bereichen Klima, Verkehr, Energie, Ernährung & Ressourcen sowie Wohnen beschrieben. Aufgrund der Fülle an Vorschlägen musste hier eine Auswahl vorgenommen werden. Analysiert werden die Programme von ÖVP, SPÖ, Bürgerliste, KPÖ+ und NEOS. Von der FPÖ liegt (mir) kein Parteiprogramm vor. Die Liste Ferch/Salz wurde aufgenommen, beschränkt sich aber auf ganz wenige Forderungen. Download der Erhebung Presseaussendung

Das Ziel der Klimaneutralität der Stadt Salzburg bis 2040 ist wichtig, für die Politik ist dies jedoch eine lange Frist. Sinnvoll wären Zwischenziele und entscheidend sind die Schritte, die jetzt gesetzt und eingeleitet werden. Der Verweis auf 2040 darf nicht als Aufschieben durchgehen, Klimapolitik nicht nebenbei passieren, sondern muss ins Zentrum vieler Entscheidungen, die in der Stadt Salzburg in der kommenden Legislaturperiode getroffen werden. Die WählerInnen sind aufgerufen, sich ein Bild zu machen, wie ernst die einzelnen Programme die Klimakrise nehmen. Die vorliegende Analyse will dabei ein wenig helfen. Eine Evaluierung der Politik der letzten Jahre wäre ebenfalls lohnenswert, aber mit größerem Aufwand verbunden.

Häufigkeit geannter Schlüsselbegriffe in den Parteiprogrammen

Der Begriff „Klima“ kommt bei der SPÖ mit 38 Mal am häufigsten vor, gefolgt von der Bürgerliste mit 29 Mal, deutlich dahinter die KPÖ+ mit 8 Nennungen, die ÖVP mit zwei Nennungen – dafür wird bei der ÖVP 11 Mal der Begriff „Nachhaltig“ verwendet, bei der Bürgerliste 10 Mal. Im deutlich kürzeren Programm der NEOS wird „Klima“ einmal genannt, „Nachhaltig“ zwei Mal.

Der Schwerpunkt aller Programme liegt auf dem Verkehr, was auch die Zahl der Nennungen anbelangt: „Öffentlicher Verkehr, tlw. auch „Öffis“ genannt, kommt bei der SPÖ 27 Mal, bei der Bürgerliste 21 Mal, der KPÖ+ 12 Mal und bei der ÖVP 9 Mal vor. Beim „Rad“ liegt die Bürgerliste mit 47 Nennungen voran, gefolgt von der SPÖ und KPÖ+ mit je 20 und der ÖVP mit 19 Nennungen. Der „Bus“ wird bei der SPÖ 29 Mal, bei der Bürgerliste 17 Mal, bei der KPÖ+ 16 Mal und bei der ÖVP 10 Mal genannt. Die „Fußgänger“ liegen wieder bei der Bürgerliste mit 12 Nennungen vor 6 Nennungen bei der ÖVP und SPÖ sowie 3 Nennungen bei der KPÖ+ voran. „Autofrei“ kommt im Bürgerliste-Programm 5 Mal, im SPÖ-Programm 3 Mal vor. Im deutlich kürzeren NEOS-Programm kommt der ÖV dreimal und E-Mobilität ein Mal vor. Letztere wird auch von ÖVP, SPÖ und Bürgerliste genannt.

Weniger umfangreich wird auf das Thema Energie eingegangen. „Erneuerbare Energie“ wird bei SPÖ und Bürgerliste je 3 Mal und bei der KPÖ 2 Mal erwähnt. Randthemen sind auch Ernährung und Ressourcen. Die ÖVP verweist auf die Stadtbauern und – sowie die KPÖ+ – auf Tierschutz. „Bio“ kommt bei der Bürgerliste 2 Mal und bei der KPÖ+ ein Mal vor. „Reparieren“ wird bei der Bürgerliste 4 Mal, bei der KPÖ ein Mal erwähnt. Die Bürgerliste verwendet auch drei Mal den Begriff „Kreislaufwirtschaft“. Wiederum breiten Raum in den Programmen nimmt das Wohnen ein, das hier v. a. im Kontext von Klimagerechtigkeit sowie dem Umgang mit Boden analysiert wurde. „Leistbares Wohnen“ kommt bei der KPÖ+ 9 Mal vor, gefolgt von der ÖVP und Bürgerliste mit 4 Mal, der SPÖ mit 3 Mal und den NEOS mit 2 Mal. „Neue Wohnformen“ werden bei der SPÖ, der Bürgerliste und der KPÖ+ angesprochen, der Begriff „Wohnqualität“ kommt außer bei den NEOS bei allen Parteien einmal vor.

Anmerkung: Die Häufigkeit der Nennung von Begriffen lässt selbstredend noch keine qualitativen Aussagen zu, gibt aberTrends über Schwerpunktsetzungen an. Zudem sind empirische Ungenauigkeiten zu bedenken, da etwa Synonyme nur begrenzt berücksichtigt werden konnten – etwa „ÖV“ und „Öffis.“

Die Schwerpunkte und Argumentationsweisen der Parteien

Die ÖVP erwähnt den Begriff „Klima“ nur zweimal im Programm. Gesetzt wird auf neue Technologien und „Hausverstand“, „Selbstbeschränkung und Selbstgeißelung“ werden abgelehnt. Am Ziel der Klimaneutralität bis 2040 wird aber festgehalten. Der Verkehr soll wieder zum „Fließen“ gebracht werden, ein Miteinander aller Verkehrsträger steht im Mittelpunkt. Erwähnt werden auch Ausbauprojekte im Straßenverkehr wie Kreisverkehre oder der Autobahnanschluss Hagenau.

Die SPÖ verwendet den Begriff „Klima“ 38 Mal. Klimaschutz wird insbesondere mit sozialer Gerechtigkeit und Verbesserung der Luft- und Lebensqualität in benachteiligten Stadtteilen verbunden, Stadtbegrünung müsse forciert werden, um der Klimaerhitzung entgegenzuwirken. Gefordert wird eine „Klimastabstelle“. Der Begriff „Nachhaltig“ wird nicht verwendet. Neben Erneuerbaren Energien wird ein Fernkältesystem als Alternative zu Klimaanlagen vorgeschlagen.

Bei der Bürgerliste wird der Begriff „Klima“ 29 Mal genannt, bereits Kapitel 1 trägt „klimafitte Stadt“ im Titel. Um ein „klimaneutrales Salzburg 2040“ zu erreichen, müssten wir „vom Reden ins Tun kommen“. Der Begriff „Nachhaltig“ wird 10 Mal verwendet. Vorgeschlagen wird ein „Zukunftsressort“, das sich „gebündelt um die wichtigen Themen Klima-, Umwelt- und Naturschutz“ kümmert. Beim Verkehr wird als Ziel genannt, dass die Menschen „ihre täglichen Wege mühelos ohne Auto zurücklegen können“. Eine Attraktivierung des öffentlichen Raums ist ein zentrales Thema – Motto: „mehr Platz für Menschen“.

Bei der KPÖ, die „Klima“ 8 Mal erwähnt und einmal in einer Kapitelüberschrift, wird Klimapolitik mehrmals im Zusammenhang mit Wohnqualität, dem zentralen Thema der KPÖ+, angeführt. Die Stadt müsse Hitzeinseln vorbeugen und die Lebensqualität der Menschen in benachteiligten Gebieten erhöhen. Neu ist der Vorschlag einer Nahverkehrsabgabe für Unternehmen, mt der der ÖV-Ausbau finanziert werden soll – ein Modell, das in Frankreich umgesetzt wird. Auch die Verkehrswende wird vor allem mit der Erhöhung der Lebensqualität und der Verringerung der Staus argumentiert.

Bei den NEOS gibt es Vorschläge zu Verkehr, Massentourismus, Unternehmen, Familien und junge Menschen, aber kein Parteiprogramm. „Klima“ kommt einmal vor, „nachhaltig“ zwei Mal im Kontext von Tourismus. Die Schwerpunkte liegen auf mehr Attraktivität der Stadt für junge Menschen und Unternehmen sowie einer Begrenzung des Massentourismus. Hierfür werden Abgaben für Tagesreisebusse in Höhe von 750 Euro vorgeschlagen, die zu zwei Drittel als Altstadtgutscheine wieder eingelöst werden können sollen, der Rest soll für die Finanzierung der Messebahn verwendet werden.

Die Liste Ferch listet auf der Homepage einige Forderungen auf. Klimaschutz ist dabei kein Thema. Der S-Link wird mit Verweis auf die zu hohen Kosten abgelehnt. Gegen den S-Link ist wie bereits bekannt auch die SPÖ, die die mehrheitliche Ablehnung bei der Bürgerbefragung erst genommen sehen will. Die übrigen Parteien befürworten den S-Link, bei Bürgerliste und KPÖ+ jedoch junktimiert mit der gesicherten Umsetzung des Gesamtprojekts und von verbindlichen verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Die NEOS fordern die Abgeltung der Einbußen für Unternehmen an der Baustelle durch die Stadt.

Einig ist man sich weitgehend, dass im Bereich Leerstandsverwendung und Nachverdichtung beim Bauen mehr geschehen muss. Auch der Ausbau des ÖV, der Radinfrastruktur sowie von Park&Rideplätzen wird von allen analysierten Parteien befürwortet. Unterschiede gibt es im Detail: ÖVP und SPÖ finden beispielsweise das Radbudget von derzeit 2 Mio. Euro ausreichend, die KPÖ+ fordert eine Verdoppelung, die Bürgerliste eine Aufstockung auf 5 Mio. Euro. SPÖ und Bürgerliste erwähnen explizit, dass die Gewinne der Parkgaragengesellschaft für den Ausbau des Umweltverbundes verwendet werden sollen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens wird von ÖVP und SPÖ betont, die Bürgerliste ist gegen eine neue Kurzstreckenverbindung Wien-Salzburg, die KPÖ+ für den Rückbau der Privatjets. Im Bereich Erneuerbare Energie wird von der Bürgerliste am aktivsten eine verstärkte Rolle der Stadt eingefordert.

Zusammenfassende Einschätzung

Maßnahmen wie der Austausch der verbliebenen Ölheizungen sowie der Ausbau der Fotovoltaik und der ökologischen Fernwärme sind wohl ebenso zu erreichen wie die Forcierung der Wärmedämmung. Die größte Herausforderung in der Stadt Salzburg – zusammenhängend mit dem ganzen Zentralraum – liegt beim Verkehr. Laut Verkehrserhebung des Landes ist der Anteil des Umweltverbundes in der Stadt Salzburg von 2012-2022 von 54 auf 62 Prozent gestiegen, damit wurde der Wert von 1995 (61%) wieder erreicht. Aber die Prozentangaben täuschen: denn absolut ist der Autoverkehr in der Stadt – sowie im gesamten Bundesland – weiter gestiegen, weil die zurückgelegten Wege ebenfalls zugenommen haben.[1] Ohne drastische Maßnahmen, den Individualverkehr von der Straße auf den ÖV- und Radverkehrsanteil zu bringen, wird es nicht möglich sein, den Weg Richtung Klimaneutralität einzuschlagen. Stau lässt sich am besten lösen, indem weniger Autos unterwegs sind. Der Anteil der mit dem Fahrrad zurückgelegten Strecken müsste wie in vergleichbaren Städten, etwa Groningen, von derzeit gut 20 Prozent auf 40 bis 50 Prozent erhöht werden.

Der Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr wird durch verbesserte Angebote ergänzt um attraktive Tickets – die Klimatickets machen es vor – vorangetrieben. Das allein wird aber ebenfalls nicht reichen. Es muss unbequemer werden, mit dem Auto in die und in der Stadt zu fahren. E-Mobilität wird einen Beitrag leisten, es ist aber nicht zu erwarten, dass damit (allein) das Ziel der Klimaneutralität des Verkehrs erreicht werden kann. Zudem lösen E-Autos nicht das virulente Platzproblem. Begriffe wie das „Fließen des Verkehrs“ sowie ein „gleichberechtigtes Nebeneinander aller Verkehrsträger“ können darüber hinwegtäuschen, dass die Zurückdrängung des Autos in der Stadt nur mit der Reduzierung der dafür ausgewiesenen Flächen erreichbar ist. Und von Flächengerechtigkeit kann derzeit ohnedies keine Rede sein.

Kreislaufwirtschaft wird in den Programmen nur am Rande angesprochen, spielt aber eine zentrale Rolle, wenn es um den Klimafußabdruck des Konsums geht. Weniger Güter konsumieren und diese länger gebrauchen, wird notwendig sein, weil in allen Gütern Energie und Ressourcen stecken. Wenig enthalten die Parteiprogramme auch zum Bereich Ernährung, ein Bereich, der in der Klimadebatte insgesamt noch zu wenig Berücksichtigung findet.


[1] Vgl. https://klimabildungsalzburg.org/2023/10/06/neue-verkehrserhebung-in-salzburg-rad-und-ov-nehmen-zu-aber-ebenfalls-der-autoverkehr/

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