Die Proteste gegen die inhumane Flüchtlingspolitik nehmen zu – auch in Salzburg. „Nein zur Politik der Kälte“ oder „Österreich hat Platz“ – so zwei der immer wieder zu sehenden Transparente bei öffentlichen Kundgebungen (mit Corona-Abstand und Masken!). Mit Solidaritätscamps wird auf die untragbare Situation der Menschen in den Zeltlagern in Tara Tepe oder Lipa aufmerksam gemacht. Die Abschiebung von drei Mädchen in der Nacht vom 28. auf den 29. Jänner, angeordnet von Innenminister Karl Nehammer, hat zu neuen Widerstandsformen geführt. Die Mitschüler und Mitschülerinnen eines der abgeschobenen Mädchen des Wiener Stubenbastei-Gymnasiums versuchten, mit gewaltfreiem Widerstand die nächtliche Abschiebung durch die Polizei zu verhindern.
Man könnte fragen: Was bringen diese Proteste, solange es keine Mehrheiten für die Forderungen in der Bevölkerung gibt? Eine kürzliche Gallup-Umfrage hatte ergeben, dass 53 Prozent der Befragten gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sind, selbst von Kindern! Und was hilft es den Menschen in den Flüchtlingslagern, wenn wir aus Solidarität mit diesen auf öffentlichen Plätzen in Zelten in der Winterkälte übernachten? Wäre es nicht sinnvoller, für die Hilfe vor Ort zu spenden? Nein – die Frage ist falsch gestellt. Es ist gut, dass sich Widerstand artikuliert. Es geht um sichtbare Zeichen von Bürgern und Bürgerinnen, die zum Ausdruck bringen, dass sie mit der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik nicht einverstanden sind. Die Proteste bringen das Thema in die Öffentlichkeit und sie beeinflussen die öffentliche Wahrnehmung. Was obendrein das ebenfalls notwendige Spendenaufkommen für die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen drastisch erhöht hat.
Im Zusammenwirken mit den sich mehrenden kritischen Stellungnahmen von Sozialorganisationen, der katholischen Kirche, von Städten und Gemeinden, auch von Mitgliedern jener Partei, die die aktuelle Flüchtlingspolitik zu verantworten hat, ließe sich das Blatt möglicherweise wenden. So könnten Mehrheiten für die Menschlichkeit gefunden werden – denn die Meinung kann durchaus in Richtung der 47 Prozent umschlagen, die bereits jetzt einen anderen Kurs wünschen. So gesehen ist das Glas bald halb voll!
PS: Respekt dem ORF für die offene Berichterstattung
Der ORF berichtete ausführlich über die Abschiebung der Mädchen nach Georgien. Er führte ein Interview mit dem Schulsprecher Theo Haas jener Schule, an dem Tina, eines der abgeschobenen Mädchen, zum Unterricht ging, über den Widerstand gegen die Abschiebung. Ebenfalls in einem ORF-Interview bedankt sich die 12-jährige Tina für die Solidarität ihrer Freunde und Freundinnen. Und sie hoffte im Gespräch, dass sie und ihre Familie doch wieder nach Österreich zurückkehren dürfen, wo sie geboren wurde. Gemeinsam mit dem Rechtfertigungsinterview des Innenministers mit Lorenz Dittelbacher – sie befragte Nehammer in Bezug auf die Kinderrechte – sind die Videos die laut ORF-Homepage derzeit „meist gesehenen“. Auch von der in Salzburg am Wochenende wieder stattgefundenen Kundgebung am Residenzplatz berichtete der ORF. Respekt an den ORF und insbesondere an die Journalistin Lorenz Dittelbacher, die dem Innenminister die richtigen Fragen stellte. Beispiele, die zeigen, wie wichtig das Schaffen anderer Öffentlichkeiten ist. Hoffen wir, dass das Thema in der Öffentlichkeit bleibt!