Laut dem Global Carbon Project sind die klimaschädlichen CO2-Emissionen im Pandemie-Jahr weltweit um 1, 2 Mrd. Tonnen zurückgegangen. Um fast dreimal so viel wie im Jahr nach der Finanzkrise. Dies ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Zurückzuführen ist dies nicht auf strukturelle Veränderungen, sondern auf die Lockdowns. Um das Ziel einer maximalen globalen Erwärmung um weitere 1,5 Grad zu erreiche, muss jedoch in den nächsten zehn Jahren ein jährlicher Rückgang der Treibhausgase um jeweils 7 Prozent erreicht werden. Oder anders gesagt: Wenn wir die Klimawende nicht schaffen, wäre das vertretbare Emissionsbudget in zehn Jahren aufgebraucht.
Notwendig sind strukturelle Veränderungen, insbesondere eine CO2-Steuer, die den Namen verdient, in der Höhe von 100 Euro pro Tonne CO2. Da nachweislich Menschen mit höherem Einkommen einen größeren ökologischen Fußabdruck hinterlassen, würden diese mehr zur Kasse gebeten. Zudem kan man zumindest einen Teil der Einnahmen über einen Ökobonus an die Bürger und Bürgerinnen zurückzahlen. So würden jene belohnt, die umweltfreundlich leben.
Selbstverständlich braucht es auch infrastrukturelle Veränderungen und Öko-Investitionen in den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und des Radwegenetzes in allen Städten. Eine Offensive für die thermische Sanierung des Gebäudebestandes sei ebenso notwendig wie der Ausbau der Erneuerbaren Energieträger. Die Politik steht nicht am Anfang. Der Green New Deal und das Renovierungsprogramm der Europäischen Union setzen hier ebenso wichtige Investitionsimpulse wie die österreichische Klimamilliarde oder das demnächst zu beschließende Erneuerbare Energieausbaugesetz. Wir brauchen aber noch mutigere Schritte, etwa eine Verdoppelung der Sanierungsrate. Diese lieg1 derzeit bei 1 Prozent pro Jahr. Um alle Altgebäude thermisch zu sanieren , bräuchte es bei diesem Tempo hundert Jahre.
Lehren aus der Pandemie
Das Eindringen des Menschen in immer mehr bislang unberührte Naturräume, die Massentierhaltung sowie der Klimawandel werden neben dem problematischen Wildtierhandel ursächlich mit der Zunahme von Zoonosen, also des Überspringens von Krankheitserregern von Tieren auf Menschen, in Verbindung gebracht. Die zunehmende globale Mobilität trägt dann zur raschen Verbreitung von Viren über den ganzen Globus bei. Zugleich gibt es Parallelen zwischen der Pandemie und der Klimakrise: Man kann weder mit einem Virus noch mit dem Klima oder auch anderen Ökosystemen verhandeln, sondern sich nur ins Verhältnis setzen und entsprechend verhalten. Auch wenn die Klimakrise noch als schleichend wahrgenommen werde, sind Kipppunkte und größere Friktionen zu erwarten. Eine weitere Parallele: Die Politik hat in der Coronakrise Handlungsfähigkeit gezeigt: Diese ist nun auch bei der Abwendung der Klimakrise nötig.
Fridays for Future hat es geschafft, dass die Erkenntnisse der Klimaforschung in der Öffentlichkeit und bei der Politik angekommen sind. Dieser und weitere Klimastreiks werden dazu beitragen, dass noch konsequentere Schritte gesetzt werden. Die Pandemie spüren wir unmittelbar. Aber auch die Klimakrise wird sich verschärfen. Sie ist zu vergleichen mit einem Asteriodeneinschlag in Superzeitlupe, wie der Meteorologe Sven Plöger es treffend ausdrückt.
Presseaussendung anlässlich des 7. weltweiten Klimastreiks am 19.3.2021
Mag. Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Nachhaltigkeit, Transformationsprozesse und neue Wohlstandsmodelle. Zuletzt erschienen sind sein Buch „Post-Corona-Gesellschaft. Was wir aus der Krise lernen sollten“ sowie die JBZ-Arbeitspapiere „Wann lernen Gesellschaften“, und „Die besten Bücher zur Klimakrise 2020. Inklusive 10 Trends.“