Zehn Fragen stellten die Scientists for Future (S4F) an Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ), die Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl (KPÖ+) und Florian Kreibich (ÖVP) sowie Stadträtin Anna Schiester (Bürgerliste). „Die neuen Mehrheitsverhältnisse und Ressortverantwortlichen lassen auf eine ambitioniertere Klima- und Verkehrspolitik hoffen. Zu erwarten ist eine Qualitätsoffensive beim O-Bus sowie bei der Radinfrastruktur, zu hoffen auf mehr leistbaren Wohnraum, mehr Mut zu Solarenergie sowie mehr Grün in der Stadt“, so der Transformationsexperte Hans Holzinger, der die Fragen für S4F erstellt hat. 

Mehr Mut wünscht man sich für die Energiewende. Vorbildwirkung der Stadt im Bereich der eigenen Gebäude sei wichtig, es gehe „aber auch um die Vereinfachung der PV-Nutzung etwa in den Schutzzonen der Stadt und den politischen Auftrag dafür, welcher auch in Abstimmung mit dem Land auf den Weg gebracht werden muss“, so der Energieexperte Franz Kok. Er wünscht sich auch mehr Unterstützung für Energiegemeinschaften etwa bei im Miteigentum der Stadt stehenden gemeinnützigen Wohnbauträger. Offen aber mindestens so wichtig sei die Dekarbonisierung der Fernwärme. „Dazu ist bisher jedoch weder von der SalzburgAG noch von Seiten der Stadtpolitik ein sachlich fundierter Vorschlag wahrnehmbar.“

Biodiversitätsexperte Andreas Tribsch begrüßt, dass Maßnahmen zur Stadtbegrünung Thema sind, um die Lebensqualität der Menschen zu steigern und Hitzeinseln vorzubeugen, wünscht sich aber mehr Aufmerksamkeit für Biodiversität und Natur in der Stadt, da „Siedlungsräume wesentliche Rückzugsgebiete für viele Tier- und Pflanzenarten sind.“ Jens Blechert, Sprecher von Scientists for Future Salzburg, betont die Notwendigkeit eines permanenten Monitorings der Fortschritte in der Klimapolitik von Stadt und Land. Die Gruppe stehe in ihren Möglichkeiten gerne beratend zur Verfügung und werde die Klimabewegung weiterhin wissenschaftlich unterstützen. Bei der Rademeo am 26. April werden die Scientists for Future ebenfalls vertreten sein.

Untenstehend eine Zusammenfassung zentraler Aspekte und hier die Presseaussendung.  

[Die Fragen und Antworten im Detail gibt es hier im pdf]

Im Verkehr muss mehr geschehen, Öffentlicher Verkehr und Rad sind auszubauen

Einig sind sich Neo-Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ), seine Stellvertreter Kay-Michael Dankl (KPÖ+) und Florian Kreibich (ÖVP) sowie Stadträtin Anna Schiester (Bürgerliste), dass im Bereich Verkehr mehr geschehen müsse. Mehr Busspuren, Rückkehr zum 10-Minutentakt, attraktive Haltestellen sowie gute Arbeitsbedingungen für Busfahrer und Busfahrerinnen lauten einige der Vorschläge. „Expresslinien mit Doppelgelenksbussen, die in der Früh und am Abend Pendler: innen aus dem Umland ins Zentrum und wieder zurückbringen sollen, könnten ebenfalls für schnelle Entlastung sorgen„, so etwa Bernhard Auinger, der auf die neue Verkehrsgesellschaft im Zuge der Ausgliederung des O-Bus aus der Salzburg AG setzt. Notwendig sei eine Umverteilung des öffentlichen Raums, so Stadträtin Anna Schiester. Diese können nur durch Miteinbeziehung der Bevölkerung erfolgen: „Um die Menschen für die notwendigen Maßnahmen zu gewinnen, müssen wir ihnen den Gewinn an Lebensqualität vermitteln, der etwa entsteht, wenn aus einer Fahrbahn ein Radweg mit Bäumen wird, oder ein Schanigarten.“ Ähnlich sieht das Florian Kreibich: „Es ist unsere Aufgabe als Politik, den Menschen Angebote zu machen, die ihnen einen Umstieg ermöglichen und attraktiv machen.“ Auch Dankl setzt auf die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität durch weniger Staus und er sieht Zusammenhänge zur Wohnpolitik: „Gibt es leistbaren Wohnraum in der Stadt, müssen die Menschen nicht ins etwas weniger teure Umland abwandern.

S-Link bleibt strittiges Thema – Bürgerbefragung wird wohl entscheiden

Ein strittiger Punkt ist der S-Link. Für Florian Kreibich ist dieser „de facto alternativlos und das Rückgrat des künftigen Öffi-Systems für den gesamten Zentralraum„. Für Anna Schiester ist der S-Link ein wichtiges „Generationenprojekt“ und „sollte daher jedenfalls zu Ende geplant werden“. Derzeit gebe es noch viele offene Fragen, daher brauche es eine offene Diskussion:„Die Planungsgesellschaft muss transparent über das Projekt informieren und in den Diskurs mit den Gegner:innen treten. Eine Bürgerbefragung macht nur Sinn, wenn die Menschen in der Lage sind , sich ausreichend zu informieren. Das Ergebnis in der Stadt ist jedoch für uns bindend.“ Kay-Michael Dankl hält ebenfalls den Bürgerentscheid für bindend: „Das Projekt gehört fertig geplant, die Finanzen verhandelt und dann braucht es ein klares Votum.“ Jene, die den S-Link ablehnen, müssten aber einen klaren Plan B vorlegen. Bernhard Auinger bleibt bei der ablehnenden Haltung seiner Partei: „Derzeit gestaltet sich die Diskussion so, als ob die Stadt mit dem S-Link die alleinige Verantwortung bzw. Lösung für alle Verkehrsprobleme hätte. Es gibt weitaus kostengünstigere, bessere und schnellere Lösungsansätze.

Mehrheit für höheres Radbudget und Umwidmung von Gewinnen der Parkgaragengesellschaft

Mehr Einigkeit gibt es beim Ausbau der Radinfrastruktur. Es darf erwartet werden, dass hier einiges weitergehen wird. Schiester und Dankl sprechen sich für eine starke Ausweitung des Radverkehrsbudgets aus – mindestens eine Verdoppelung auf 4 Millionen Euro sollen es werden, Auinger ist für eine Erhöhung „grundsätzlich offen„, für Kreibich erscheinen „die 2 Mio. € jährlich für die Verbesserung der Netzstruktur, Wegeketten und der Verkehrssicherheit vorerst für ausreichend.“ Abgefragt wurde auch eine Zweckumwidmung der Gewinne der Parkgaragengesellschaft für den Ausbau von Park & Ride-Plätzen sowie andere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. Für Auinger, Dankl und Schiestl ist diese sinnvoll, Kreibich zögert, die Verhandlungen mit dem Land sollen „ergebnisoffen stattfinden„.

Uneinigkeit bei neuem Kurzstreckenflug Wien-Salzburg

Fliegen zählt nachweislich zu den klimaschädlichsten Fortbewegungsformen. Nun gibt es den Wunsch, einen neuen Kurzstreckenflug Wien-Salzburg einzuführen. Eine von der Wirtschaftskammer Österreich in Auftrag gegebene Studie, die für die neue Kurzstreckenlinie plädiert, wurde von den Scientists for Future als unseriös kritisiert, eine zusätzliche Flugstrecke würde den CO2-Ausstoß weiter erhöhen [mehr]. Auinger und Kreibich befürworten die Wiederaufnahme eines Kurzstreckenflugs Wien-Salzburg, Schiester ist dagegen. Die Scientists for Future schlagen zudem die Einschränkung von Privat- und Businessflügen vor. Schiester und Dankl sind für diesen Vorschlag; Unterstützung bekommen sie hier auch von Bürgermeister Auinger („stehe ich sehr offen gegenüber„).

Flächenknappheit als zu nehmende Hürde für leistbaren Wohnraum

Leistbares Wohnen war offensichtlich ein wichtiges, wahlentscheidendes Thema. Als Vorschläge gelten Baulandsicherungsmodelle, die Förderung des sozialen Wohnbaus, die Errichtung von Wohnungen durch die Stadt selbst sowie Maßnahmen der Nachverdichtung und der Nutzungszuführung von Leerstand. Hier scheint es breite Übereinstimmung zu geben. Befürwortet wird der Ankauf von Grundstücken durch die Stadt, „auf denen die gemeinnützigen Wohnbauträger leistbare Mitwohnung errichten sollen“ (Auinger), also mehr Neubau im Bereich geförderter Wohnungen, aber auch mehr Nachverdichtung, um den Bodenverbauch zu minimieren. Dankl, der für den Bereich Wohnen zuständig sein wird, setzt insbesondere auf mehr geförderte Mietwohnungen, „wo Salzburg im Vergleich zu Städten wie Linz und Wien großen Nachholbedarf“ habe. Es brauche „aber auch schnell wirkende Maßnahmen, um Wohnraum zu mobilisieren, ohne auf den Neubau zu warten, z.B. beim Leerstand, AirBnB und der Zweckentfremdung von Wohnraum als „Festspielwohnungen“.  

Kreibich verweist in seiner Antwort ausführlich auf das Räumliche Entwicklungskonzept (REK), das leider blockiert worden sei und nun von seiner Ressortnachfolgerin Schiester zu Ende gebracht werden müsse. Dieses sieht die Aktivierung von Transformationsflächen (Mischnutzung auf rd. 52 ha) zur Überwindung der Flächenknappheit vor, da der Bau neuer leistbarer Wohnungen vor allem an der Flächen-Mobilisierung scheitere: „Mit der Umsetzung dieser Strategie ist bis zum Jahr 2045 nachweislich die Errichtung von mind. 10.000 Wohnungen, mind. 7.500 davon im förderbaren Segment, möglich„, so Kreibich.

Hebel der Stadt für die Energiewende durch Vorbildwirkung und Förderungen

Scientists for Future wollten auch wissen, welche zentralen Hebel seitens der Stadt für die Energiewende gesehen werden. Auinger plädiert für eine ergänzte Neuauflage des Smart City Masterplans 2025 in der neuen Legislaturperiode. Potenziale sieht er insbesondere in der Vorbildwirkung bei stadteigenen Gebäuden. Dankl setzt auf den Bau von Erneuerbaren Energieanlagen durch Genossenschaften sowie auf Energieeffizienz nicht nur im Neubau, sondern auch bei Sanierungen. Schiester verweist auf die Möglichkeit, PV-Anlagen auch auf Gewerbedächern, etwa bei Supermärkten, anzubringen; sie plädiert für eine Erhöhung der Photovoltaikförderung und mehr Unterstützung zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden („Überarbeitung der Wirtschaftsfördeurngsrichtlinien“); Energiegemeinschaften sollen ebenfalls gefördert werden. Kreibich verweist darauf, dass auch in der Altstadt bereits jetzt die Errichtung von Photovoltaikanlagen möglich sei, wenn diese den Anforderungen der Sachverständigenkommission entspechen. Auf die Frage der weiteren Ökologisierung der Fernwärme in Kooperation mit der Salzburg AG wurde nicht besonders eingegangen. Schiester dazu: „Ausbau des Fernwärmenetzes und Dekarbonisierung der Fernwärme (Geothermie, Abwärmenutzung etc.“ Dankl schlägt grundsätzlich vor: „Umbau der Aktiengesellschaft Salzburg AG in ein gemeinnütziges Unternehmen – die Grundversorgung ist wichtiger als die Gewinnmaximierung, fürstliche Manager-Boni abschaffen.

Stadtbegrünung für mehr Lebensqualität in heißer werdenden Städten

Maßnahmen zur Stadtbegrünung, um die Lebensqualität zu steigern, Hitzeinseln vorzubeugen und die Biodiversität zu fördern, werden ebenso begrüßt. Neben den bestehenden Vorgaben für Grünflächen bei Neubauten müssten in dieser Legislaturperiode auch „Maßnahmen für den Bestand“ entwickelt werden, so Auinger. Schiester sieht in der Stadtbegrünung eine wichtige Aufgabe: „Der Kühlung unserer Lebensräume kommt Jahr für Jahr eine stärkere Bedeutung zu. Gerade dort, wo es in der Stadt am heißesten ist, müssen wir Straßen und Plätze entsiegeln und begrünen.“ Dem pflichtet auch Dankl bei: „Wenn wir genossenschaftlich erzeugte erneuerbare Energieanlagen fördern, CO2-neutral bauen und dazwischen Raum für Grünflächen lassen, sparen wir nicht nur Treibhausgase ein, sondern erhöhen damit auch die Lebensqualität.“ Kreibich verweist in diesem Zusammenhang auf die „konsequente Umsetzung des im vergangenen Jahr auf den Weg gebrachten ´Salzach Masterplan´“, der nicht nur den Hochwasser-Schutz deutlich verbessere, sondern auch neue Naherholungsräume schaffe.

Beiträge der Stadt zu gesunder, klimafitter Ernährung

Die letzte Frage von Scientistst for Future bezieht sich auf das in der Klimadebatte meist unterbelichtete Thema unserer Ernährungsgewohnheiten. Weniger Fleischkonsum sei gut für die eigene Gesundheit, den Tier- und Klimaschutz, laut Studien sei ein Großteil der Menschen zu weniger Fleischkonsum bereit, so Anna Schiester: „Die Stadt sollte hier mit gutem Beispiel voran gehen und in ihrem Einflussbereich fleischreduzierte bzw. fleischlose, regionale und saisonale  Angebote fördern bzw. deutlich erhöhen.“ Auinger verweist hier auf einschlägige Programme in den städtischen Schulen : „Wir haben beim Essen in unseren Schulen einen starken Fokus auf biologische und regionale Produkte„. Dankl möchte „Mittagstisch-Angebote für Mitarbeiter:innen fördern und damit lokale Wirte unterstützen„. Kreibich warnt wie beim Bereich Verkehr auch beim Thema Ernährung „vor einer Politik des erhobenen Zeigefingers„, findet aber Projekte wie „Gesunde Jause“ in Schulen sinnvoll.

Scientists for Future wünscht viel Erfolg bei den Verhandungen für ein klimafittes Regierungsprogramm und wird dieses mit seiner transdisziplinären Expertise gerne einer Einschätzung und Bewertung unterziehen, sobald es veröffentlicht ist.

Erstellung der Fragen und Bearbeitung der Antworten: Mag. Hans Holzinger, Scientists for Future Salzburg. Rückfragen: hansholzinger01@gmail.com